Wo die beiden Flüsse sich trafen lag eine kleine Stadt, wohin die Händler aus allen Richtungen kamen und ihre Waren feilboten. Es herrschte immer reges Treiben, sogar in den Wintermonaten. Dort gab es auch zwei talentierte Schneiderlein, ihre Namen waren Mjüll und Krszycz, die Woche für Woche ein neues Gewand nähten. Einer suchte die Stoffe aus, einer zeichnete die Schnittpläne, einer schnitt alles passend aus und einer nähte die Teile am Ende zusammen, bis die tollsten Kleider entstanden. Und der andere half auch immer ein bisschen mit. Jede Woche verkauften sie eines der Gewänder und konnten davon ein gutes Leben führen.
Die Stoffreste, die dabei Woche für Woche entstanden, sammelte Krszycz immer geflissentlich auf und bewahrte sie in einer riesigen metallenen Box über dem Kamin auf. Mjüll wusste nicht genau, warum, aber es störte ihn auch nicht. Eines Winters, kurz nach Weihnachten, war es besonders kalt. Die Straßen waren gefroren und der Schnee lag meterhoch in den Gassen. Da froren viele Bewohner bitterlich, weil auch das Feuerholz bald knapp wurde und es noch weit war bis zum Frühling. Vor allem die Kinder.
„Drei, zwei, eins. Auf geht’s!“, sagte da Krszycz zu Mjüll und holte die metallene Box hervor. „Heute nähen wir!“ Und obwohl es ihr freier Tag war, nähten die beiden Tag und Nacht alle Stoffreste zusammen. Die Kleider waren nicht so wie sie sie üblicherweise machten, aber sie waren dennoch schön, sie waren bunt und vor allem warm und es waren viele. Die schulterten sie sich nun auf und verteilten sie in der Stadt an alle, die froren.
Die Freue und Dankbarkeit war groß. Endlich musste keiner mehr frieren. Seit diesem Tag ist es Tradition in der Stadt, dass kurz nach Weihnachten alte Reste zu neuen Kleidern zusammengefügt werden, selbst wenn der Winter milde ist.